Sicher kann man jedem, sei er behindert oder nicht, nur raten, doch tunlichst Sport zu treiben. Der Gesundheit und auch dem eigenen Wohlbefinden zuliebe. Allerdings zieht man daraus den Schluß, daß Behindertensport unter allen Umständen und unter jeden Blickwinkel unbedingt zu fördern sei.
Ich bin mir dessen nicht so sicher.

Und frage mich, ob ich persönlich insbesondere die Paralympics für unterstützenswert halte.

Das liegt nicht daran, daß man von Menschen mit vor allem körperlichem Handicap fordert, gerade auf körperlichem Gebiet ihre Leistungsfähigkeit unter Beweis zu stellen. Auch unter den Nicht-Behinderten zeigt bei weitem nicht jeder - tatsächlich wohl eher eine Minderheit - unabdingbare Motivation in Richtung Leistungssport.
Aber Fußgänger (im Gegensatz zu Rollstuhlfahrern) haben es offenbar auch nicht nötig.

Warum also Menschen auf einem Gebiet zu Höchstleistungen anspornen, auf dem sie ein Manko haben?

Zudem spaltet das auch die Gruppe der Behinderten. Denn es zeigen einige wenige, daß sie zu Rekorden in der Lage sind. Und die, die aufgrund ihrer körperlichen Unzulänglichkeiten nicht Sport treiben können, fühlen sich noch unzulänglicher als vorher. Sogar unter den Behinderten geraten sie ins Hintertreffen. Sie werden zu Behinderten zweiter Klasse. Statt auf Gebieten zu punkten, die sich eher anbieten, verweist man auf eine rein körperbetonte Welt. Dabei leben wir im modernen Westen in einer Dienstleistungsgesellschaft, in der vor allem geistige Leistungen gefragt sind. Und körperlich anspruchsvolle Tätigkeiten werden auch den Handwerkern immer öfter von Maschinen abgenommen.
Warum also dieser Drang, sich körperlich zu beweisen?

Und, wer das nicht kann, fühlt sich noch isolierter als es beklagenswerterweise ohnehin schon der traurige Fall ist.

Wer je - wie ich im Zivildienst - einem sportlichen Wettkampf beigewohnt hat, bei der die Teilnehmer, um bloß zu zeigen, daß sie mithalten können (was man eben nicht kann), bis zur Ohnmacht laufen und kämpfen, bei der die Hälfte der Erschöpften mit Sauerstoff reanimiert werden müssen, der wird beim Thema Behindertensport ins Grübeln kommen.
Muß man wirklich sportlich aktiv sein, um seinen Wert unter Beweis zu stellen? 

Genau, wie den Wert eines Menschen unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten zu betrachten, ist es meines Erachtens nach falsch, seinen Wert unter rein körperlichen Gesichtspunkten festzusetzen.
Gerade bei Körperbehinderten sollte das einleuchtend sein. Aber kaum jemand traut sich, angesichts von Behinderten, auch mal etwas nicht so gut zu finden. Das sind doch Behinderte, die haben es schwer genug, da darf man nicht so genau hinschauen, um zu jubeln. Da darf man nicht mit dem Maß messen, das man bei "Normalen" anlegt.
Da liegt die Meßlatte niedriger.

Genau das aber empfinde ich als Diskriminierung. 

Ich juble daher nicht, wenn deutsche Athleten mit modernen Prothesen altmodischen Treppenplätzen nachjagen.
Es ist eben nicht alles Gold, was glänzt.

Und man kann auch anders glänzen als nur rein körperlich. 
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