Man hat sich allmählich daran gewöhnt: Dauernd wird für irgendetwas oder irgendjemanden geworben. Im Fernsehen - früher undenkbar - werden laufende Sendungen unterbrochen, um Werbefilmchen zu senden, die teilweise höhere Qualität aufweisen als das eigentliche Programm. Straßenzüge übertönen in ihrem werbewirkungslosen Erscheinungsbild Ampeln und Verkehrsschilder. Sportler sind bei Interviews  gespickt mit Logos an den unmöglichsten Stellen, sogar abwaschbare Tatoos hat man schon gesehen.

Und nun hat sich eine deutsche Tageszeitung dazu entschlossen, diese Werbung zu verpixeln.

 

Die "TAZ" macht seit zwei Wochen alles unkenntlich, was Reklame darstellt. Hat man am Anfang des Werbewahns nur versucht, Werbung durch spezielle Wahl des Aufnahmewinkels zu unterbinden und anschließend allenthalben aufgegeben, wird nurndem Reklametsunami Einhalt geboten.

Was unterschiedliche Reaktionen hervorruft.

 

Während dies manchen gefällt, sehen andere den Untergang des Abendlandes voraus. Wenn Werbung nicht mehr unentgeltlich gezeigt wird, unterstützt die Industrie die Sportler nicht mehr, was die Attraktivität und Leistungsfähigkeit des Sportes beeinträchtigt und zu einem Niedergang der Sportkultur führt.

Das ist, als wenn man behauptet, ohne Werbung sinke die Qualität des Fernsehens.

 

Dabei hat das Unwesen des werbefinanzierten Privatfernsehens nach im Grunde einhelliger Meinung der Fernsehkultur keinen guten Dienst erwiesen. Was möglicherweise für den Sport auch gilt. War etwa Fußball anfänglich noch eine unschuldige Breitensportart, haben vorrangig kommerzielle Erwägungen dem runden Leder jede Unschuld genommen. Von Wettskandalen, Dopingvorwürfen über einfache Kicker, die ausweichend daherreden wie Politiker und denen jeder Fehltritt tausendfach beleuchtet wird bis hin zu schindelerregenden Summen (d.h.,  angesichts dieser Summen beginnt so mancher zu betrügen) für die Übertragungsrechte durchzieht den Sport der Gedanke an den eigenen Marktwert und allein das Geld, das man damit verdienen kann.

Und dem soll nun ein kleiner Riegel vorgeschoben werden?

 

Ob man damit dem eigentlich doch "Spiel" genannten Sport die Unschuld wieder gegeben wird?

 

Oder ist das, als würde man einer Ex-Jungfrau schlicht das Hymen wieder zunähen, also eigentlich wieder ein Schwindel? Es schwirrt einem der Kopf wie angesichts der animierten Bandenwerbung ob derlei Überlegungen.

Die Hure Fußball heuchelt Unschuld vor, indem man die Zeichen der Schuld verpixelt.

 

Was ich nicht sehe, das gibt es auch nicht. Ähnlich wie das Kind, das im dunklen Wald pfeift, weil es damit die gefährlichen Stille durchbricht.

Also darauf pfeifen?

 

Aber was? Einen Ohrwurm aus einer Werbejingle? Falsche Töne einstreuen als Pixelersatz?

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