Der Fall des Wetterfrosches Jörg Kachelmann bewegt die Gemüter. Schon werden Umfragen (wie in "STERN") geschaltet, ob man den aus dem Fernsehen bekannten Meteorologen für schuldig hält oder nicht. Als wenn das eine Auswirkung auf das Verfahren hätte. Zudem bar der Kenntnis der Fakten. Allein die Aufforderung, vorzeitig über die Schuld abzustimmen, kennzeichnet ein hohes Maß an Unkenntnis über unser Justizsystem.

Und auch einen Mangel an Anstand.

 

Öffentliche, ganz offene Vorverurteilung ist von grundsätzlichem Übel.

 

Jetzt hat das zuständige Oberlandesgericht den Haftbefehl aufgehoben, mangels dringendem Tatverdacht. Das nährt die Zweifel derer, die von der Unschuld "überzeugt" sind und wundert diejenigen, die sich auf die Seite des Opfers geschlagen haben. Und schockt auch Opfer, die sich mit dem Gedanken tragen, einen mutmaßlichen Täter anzuzeigen.

Was, wenn einem keiner glaubt?

 

Und noch etwas offenbart das Verfahren: Die Gläubigkeit an Gutachten und Gutachter.

 

Ein Glaubwürdigkeitsgutachten, das die eigentlich ureigene Aufgabe der Richter, sich ein Bild von der Glaubwürdigkeit der Zeugen zu machen, ersetzen soll, erscheint als Weg in die falsche Richtung. Und gaukelt bei der Rechtsfindung ein Maß an Sicherheit vor, das es nicht geben kann. Zudem hat das Gutachten das ergeben, was viele Gutachten letztlich sagen: Was Genaues weiß man nicht.

Da sitz' ich nun, ich armer Tor und bin so altklug wie zuvor.

 

So kann sich jeder diejenigen Fakten aus dem Medienbrei heraussuchen, die einem in den fremden Kram passen um, sich dann auch in Umfragen auf die eine oder andere Seite schlagen zu können. Man hat ja Experten, auf die man bauen kann. Und veröffentlichte Meinung, die in die gleiche Kerbe haut. Jeder hat eine Meinung, aber keiner weiß, warum.

Am Ende des Prozesses werden wir auch nicht klüger sein.

 

Die privaten Staatsanwälte oder die privaten Verteidiger werden sich bestätigt fühlen, jedenfalls in der Ansicht, daß Gerichte keine Ahnung haben.

Und schon bald wird die nächste Sau durchs globale Dorf getrieben.

 

Die Welt ist ein Dorf.

Und wir sitzen alle am Stammtisch.

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