Auch jetzt, nach der Schiffskatastrophe wird wieder klar: Opfer brauchen Attribute. Es sind nicht einfach nur "ein Mann im Alter von x Jahren" oder "eine Frau aus der Gegend von Y", nein, den Getöteten müssen auch Eigenschaften zugeschrieben werden.

Wenn sich keine aufdrängen, dann eben aus dem Grundbaukasten für Klischee-Journalisten.

 

Frauen sind dabei meist "schön" (auch, wenn das dazugehörige Foto nahe legt, daß der Reporter einer Minderheit angehören könnte, was den Geschmack betrifft), Männer zumindest "lebenslustig". Als wenn es weniger schlimm wäre, wenn die tödlich Verletzte nicht hübsch oder der Ertrunkene im Leben ein ausgesprochener Griesgram gewesen wäre. 

Offenbar klingt darin an. daß man es bei Vertretern letzterer Gattung nicht ganz so bedauern müßte, wenn diese Opfer einer Katastrophe würden.

 

Um einen Misanthropen ist es nicht schade, und unschöne Damen gibt es nun mal im Übermaß.

 

Auch liest man immer wieder, diese Menschen "mußten" sterben. Warum nur mußten sie? Sie sind gestorben, aber aufgrund von Zufällen, nicht im Sinne von Zwangsläufigkeit. Oder sind derlei Journalisten immer Fatalisten, die an die Vorbestimmtheit glauben? Dann ist auch den Tätern oder Verursachern kein Vorwurf zu machen, weil sie nichts gegen das Schicksal machen können.

Die mutmaßliche Schuld des Kapitäns der "Costa Concordia" relativiert das meiner Ansicht nach nicht.

 

Oder ist darin der Gedanke verquickt, daß wir alle sterben müssen?

 

Auch ein ärgerliches Klischee musikalisch eher untalentierter Schreiberlinge ist die Beschreibung von Musik als "heiße Rhythmen", was genau genommen, die Musik auf einen Faktor beschränkt (und Harmonie und Melodie außer Acht läßt). Auch ist rhythmusorientierte Musik eher etwas aus der afrikanischen Tradition, Musik von vornehmlich Weißen geht in aller Regel eher von Melodie und Harmonie aus. Selbst ausgesprochen untanzbare Musik, etwa von Liedermachern, wurde schon derartig beschrieben.

Jedenfalls ist das eine fast schon reflexartige Formulierung, die auf gelangweilte Routine in der Redaktion hindeutet. 

 

Auch muß man in Zusammenhang mit Zirkussen immer lesen: "Menschen, Tiere, Sensationen". Obwohl die Zeiten dieser medialen Möglichkeiten Artisten und Tierbändiger kaum noch als sensationell erscheinen lassen.

Mit dieser Trias lockt man keinen dressierten Hund mehr hinter dem Ofen hervor.

 

Diese Worthülsen erwecken bei mir meist den Anschein, der Verfasser habe gar keine Beziehung zu dem, was er da schreibt. Aber ich will kein Griesgram sein, um den es nicht schade wäre, wenn ihm endlich das Maul gestopft würde.

 

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