Welch ein Land! Was für Leute! möchte man sagen, wenn man folgendes liest: Da schreibt eine junge Dame, wie individuell sie doch sei, wie wenig sie sich von anderen beeinflussen ließe. Wie wie ihren eigenen Weg ginge, völlig unabhängig von anderen.

So weit, so gut.

 

Aber um offenbar eine unfreiwillige Pointe liefern zu wollen, beendet sie ihren "Post" mit den Worten: "Wenn Du auch so bist, dann kopiere dies an Deine Pinnwand".

 

Da offenbart sich doch eine sehr eigenwillige Sicht von Individualität. Wer weiß, von welcher Pinnwand die selbsterklärte Individualistin diese Nachricht selbst kopiert hat. Kopierte Ansichten als Ausdruck von eigenem Denken? Vorformulierte Texte anderer "Freunde" (die man zuweilen noch nie gesehen hat) als individualistische Äußerung von Unabhängigkeit? Wirkt da der Guttenberg'sche Gedanke fort?

Wie es die Werbung immer so schön fordert: Mach' Dein Ding.

 

Was in der Werbesprache bedeutet: Wenn Ihr alle unser Produkt kauft, seid Ihr alle gleichermaßen individuell in Eurem Gleichsein.

 

Vielleicht hat sich aber auch der französische Spruch von der Freiheit (anderes zu übernehmen), Gleichheit (wie die anderen zu sein), Brüderlichkeit (möglichst viele "Freunde" auf Gesichtsbuch zu haben, auf daß wir alle virtuelle Brüder seien) durchgesetzt. Und dann glaubt die junge Dame, die diesen Widerspruch nicht einsehen möchte, noch, daß dies kein bißchen paradox sei, nicht einmal die Andeutung einer Merkwürdigkeit.

Schließlich würde man ja auch Zitate benutzen.

 

Dann darf ich einmal zitieren: Wenn einmal ein Kopf und ein Jahrhundert zusammenstoßen und es klingt hohl, muß das nicht unbedingt am Jahrhundert liegen (Lichtenberg).

 

Womit ich mit einem kopierten Zitat wieder mal meine Individualität bewiesen habe.

Wenn Sie auch individuell sind, bitte zitieren sie mein Zitat.

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