Aufzustehen und vor Leuten zu reden, fällt nicht jedem leicht. Das will geübt sein. Aus dem Stand heraus zu irgendeinem Thema etwas nicht völlig Peinliches von sich zu geben, ist aber eine Fähigkeit, die man haben sollte, die in vielen Berufen unabdingbar ist.
Das sollte man beizeiten trainieren.

In der Schule heißt diese Art Training "Referat".

Es geht hierbei weniger darum, Fakten zu sammeln, weil das in den modernen Zeiten, wo Wissen nur ein paar Klicks mit der Maus entfernt ist, nicht mehr schwierig ist. Es geht darum, die Fakten in eine halbwegs nachvollziehbare Ordnung zu bringen. 
Und vor allem an den Mann (oder die Frau).

Sich auf seine Zuhörer einzustellen, ist nicht leicht.

Viele denken von ihrem Publikum: Vor mir sitzt ein Haufen Langweiler. Also gestalte ich meinen Vortag auch möglichst langweilig, ich will die graue Massen doch nicht mit unnötigem Humor und interessanter Präsentation überfordern, geschweige denn die grauen Zellen ansprechen. Und so sprechen sie dann auch, mit monotoner Stimme stehen sie vor der unvermeidlichen Kraftpunkt-Projektion (richtig: Es geht auch um Powerpoint, dessen Möglichkeiten, sich unverständlich zu machen, schier unerschöpflich sind) und leiern halbverstandenes Wissen aus ihrem Konzept (oder ihrer Konzeptlosigkeit) herunter. Bis auch der letzte Zuhörer in einen tiefen, erholsamen Schlaf gefallen ist. Bloß nicht darauf eingehen, was die Leute eigentlich interessiert. Anfänger weichen bei Bedarf von ihrem Skript ab, wenn sie merken, daß die Zuschauer etwas anderes interessiert. Profis aber ziehen ihre vorgefertigte Gliederung gnadenlos durch, schließlich ist man selbst nicht seinem Vergnügen hier.
Und da wäre es unangemessen, anderen Vergnügen zu bereiten.

Zudem: Wer seine Sache gut macht, wird öfter dazu herangezogen. 
Und das gilt es doch, auf jeden Fall zu verhindern.

Also sollte man auf keinen Fall allzu flüssig und druckreif sprechen. Gerne darf ein Satz einmal ins Nirgendwo gehen, Fortgeschrittene entwickeln zudem noch einen Zungenfehler, ein Lispeln oder ein Verschlucken der Endsilben. Ich habe sogar schon ein Referatsgenie genießen dürfen, der die Hälfte seiner Rede mit einem Stift im Mund gehalten hat, weil er in der einen Hand ein Buch, in der anderen eine funktionslose Fernbedienung hielt und den Stift nicht ablegen wollte, er hätte ihn ja irgendwann dringend brauchen können (was aber tatsächlich nicht der Fall war). Auch kann man sich im Zeigen offensichtlicher Grafiken auf der Leinwand verlieren, während man die schwierigen Zusammenhänge ausspart. Man zeigt Diagramme, deren durchgreifende Sinnlosigkeit schon an Unverschämtheit grenzt (Beispiel: Um zu verdeutlichen, daß alle Mitglieder aus einer Gruppe eine bestimmte Eigenschaft besitzt, zeigt man einen einfarbigen Kreis, neben dem "100%" steht). Zwischenfragen sollte man stets mißverstehen und auch niemals wiederholen, denn ansonsten würden alle mitbekommen, worum es dem Fragenden geht.
Und so kann niemand an der möglicherweise lückenhaften Antwort Anstoß nehmen.

Fragt der Zwischenrufer nach, kann man ihn schnell als Querulanten hinstellen.

Auch sollte man nie unbekannte Fachbegriffe aufschreiben, sondern nur Nebensächlichkeiten. Und diese sollte man noch abkürzen, so daß sie sich kaum jemand merken kann. 
Unnötig zu sagen, daß unpassende Kleidung, etwa offene Schuhe und kurze Hosen Pflicht sind, will man sich nicht für zukünftige Vorträge empfehlen. Variantenreich die Möglichkeiten, von seiner Präsentation durch Flecken auf der Kleidung oder gar Risse an hervorgehobenen Stellen abzulenken, gerne auch kombiniert mit einem offenen Hosenstall.

Wenn man all dies beherzigt, kann man sich sicher sein, daß nächstes Mal, wenn der Chef jemanden sucht, der zu einem aktuellen Thema informieren soll, der Kelch garantiert an einem vorüber geht.
Denn wenn man stets sein Bestes gibt, erwartet man es irgendwann von einem.

Und das wäre doch fatal.

 
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