Der Mensch ist, von einigen wenigen Asketen und Eremiten abgesehen, ein soziales Wesen und braucht Gesellschaft. Diese kann aus Menschen bestehen, die allerdings ihren Mitmenschen in aller Regel auf Augenhöhe begegnen und auch ihren eigenen Willen haben. Wenn einem dies nicht so gut gefällt, dann kann man sich immer noch mit sozial Tieferstehenden oder gar Untergebenen abgeben. Wenn man das Pech hat, solche Mitmenschen nicht um sich scharen zu können, bleibt immer noch als sozialer Ansprechpartner ein Tier.
Denn steht nicht schon in der Bibel, man möge sich die Erde untertan machen?

Das klingt zynisch und alle Tierliebhaber werden jetzt heftig widersprechen.

Ich liebe Tiere und dennoch habe ich oftmals den Eindruck, daß Tiere im Leben so mancher Menschen ein Ersatz für Menschen sind, mit denen diese im Grunde armen Zeitgenossen aber nicht so gut auskommen. Ein Mensch ist nicht nur allein deswegen glücklich, weil man nach Hause kommt und wedelt dabei auch noch mit dem Schwanz. Ein Mensch läßt sich nicht um den Finger wickeln, nur, weil man ihm eine Schale mit etwas Trockenfutter hinstellt. Und ein Mensch entscheidet sich vielleicht auch mal, den Abend mit anderen Menschen als dem eigenen Rudel abzugeben. Ein Mensch läßt sich nicht ohne weiteres jederzeit anfassen und ein Mensch ist auch deutlich teurer in der Haltung als ein Haustier.
Wobei: All diese Klischees passen vor allem auf Hunde.

Die Katze hat bekanntlich ihren eigenen Willen, von exotischeren Wesen wie Echsen oder Schlangen gar nicht erst zu reden.

Aber ein Tier kann man besitzen. Einen Ehepartner "hat" man im Sprachgebrauch auch, aber der kann es sich erlauben wegzulaufen. Und man kann ihn nicht wieder einfangen lassen und dann einsperren und an der Leine laufen lassen.
Warum also dieser Hang zu Tieren?

Einerseits geben Tiere einem Geborgenheit, in Fällen akuter Einsamkeit - etwa im alter - hat das anerkanntermaßen sogar einen therapeutischen Nutzen. Aber man kann noch etwas anderes, wenn es auch jeder Tierhalter energisch von sich weisen würde: Man kann auf die tierische Kreatur hinunterschauen. Man ist Herr der Lage, man entscheidet, was getan wird und Widerspruch kann man ohne Konsequenzen fürchten zu müssen mit Gewalt ahnden. Man kann das Tier dressieren und ihm lächerliche Kunststückchen beibringen, die es menschenähnlicher erscheinen lassen sollen. Man kann Tiere aber auch zum Anlaß nehmen, wenigstens ein paar Mal am Tag aus dem Haus zu kommen und sich mit anderen Gleichgesinnten treffen, um sich über Themen zu unterhalten, die interessant zu finden, man jedenfalls ein Tier zu Hause haben sollte. Ein Tier beeinflusst die Urlaubsplanung höchstens insoweit, ob man es in den Urlaub mitnehmen kann, ob man doch mit dem Wohnwagen fahren muß oder das Tier überhaupt für die schönste Jahreszeit in fremde Hände in Obhut geben sollte. 

Dennoch: Glauben Tierfreunde, daß Tiere eine Seele haben? Wenn sie ihrem Tier in die scheinbar beseelten Augen schauen und es anscheinend zurückschaut, wobei es eigentlich nur am Atem erraten will, was man zuletzt gegessen hat? Tiere zu überfüttern ist zudem ein Vergnügen vieler Einsamer und auch angesichts der Unsitte, bei der Zusammensetzung von Tierfutter genauer hinzuschauen als bei dem Zeug, was man selbst in sich hineinstopft, ist allerdings fraglich, wer wen mehr braucht: Das Tier den Menschen als Futterlieferant oder der Mensch das Tier als Einzigen, der den Menschen angeblich versteht.
Wer nun tatsächlich glaubt, daß Tiere Menschen verstehen, der versteht im Grunde die Welt nicht mehr.

Der ist meist selbst nur Untertan und hat es vermissen lassen, sich die Welt zu erobern, indem er sie sich untertan gemacht hat.
 
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