Erstaunlicherweise unter die sieben Todsünden eingereiht, steht der Neid damit neben illustren Charakterzügen wie der Fleischeslust, aber auch dem Geiz, der ja bekanntlich auch geil ist. Neid ist der Wunsch, etwas, was ein anderer hat oder ist auch zu haben oder zu sein. Davon ist - wenn auch oft synonym verwendet - die Mißgunst, die darauf abzielt, etwas einem andern nicht zu gönnen. Nun gibt es aber auch Neid ohne Mißgunst: Das liegt dann vor, wenn man dem anderen seine Habe oder seinen Status durchaus gönnt, aber diesen auch haben will.
Das aber hat auch positive Aspekte.

Und ist für den Fortschritt der Menschheit unabdingbar.

Denn der Neid ist auch eine starke Triebfeder, der für die Entwicklung der Menschheit unabdingbar war. Weil der Wunsch, es seinem Nächsten gleichzutun oder ihn sogar zu übertreffen dafür verantwortlich ist, daß wir nicht mehr alle in Höhlen um Herdfeuer herumsitzen. Wenn jemand eine Idee zur Verbesserung von etwas hatte, hätte es sonst keinen Sinn ergeben, diese Idee zu übernehmen. Warum etwas nachmachen, wenn es auch vorher schon auf die altbewährte Weise gegangen war? Nur die Furcht, durch Nichtübernahme der neuen Idee möglicherweise ins Hintertreffen zu geraten, kann dazu bewegen, eine gute Idee zu übernehmen und ihr zum Durchbruch zu verhelfen. 
Ansonsten wäre dieses neue Wissen mit dem Tode des Ideengebers schon wieder buchstäblich ausgestorben.

Das neumodische Zeugs kommt mir nicht ins Haus.

Nun könnte man argumentieren, daß die Nachahmung einer guten Idee deshalb erfolgt, weil man sein Leben verbessern will. Dagegen aber spricht: Der Mensch an sich ist phlegmatisch und bequem. An sich gute Ideen setzen sich nicht ohne weiteres durch, so manche brillante Idee brauchte Jahre, bis sie in das allgemeine Bewußtsein drang. Der Hang, das Altbewährte weiterzuführen entspringt der Angst, mit einer Veränderung könnte alles zusammenbrechen. Dieses "Hausmeisterdenken" ("Das haben wir immer schon so gemacht") ist weiter verbreitet als man denkt und wenn man sich genau umschaut, findet man es überall.
Nein, nur der Neid darauf, jemand könnte sich durch etwas Neues einen besseren Stand verschaffen, veranlaßt die Menschen, es dem vermeintlich Bevorteiligten nachzumachen. 
Wobei die Steinzeit allerdings schon länger vorbei ist.

Aber dieser an sich nützliche Wesenszug immer noch in uns allen schlummert, zum Teil aber recht wach ist.

So versucht jeder, seinem Nachbarn gleichzuziehen, wenn dieser sich ein größeres Automobil anschafft. Hier steht nicht mehr die Übernahme einer guten Idee im Vordergrund, nein, es kann eine ausgesprochen schlechte Idee sein, sich etwas zu leisten, was man sich eigentlich gar nicht leisten kann. Hier geht es im Grunde nur noch um Aufrüstung von Maschinenparks, als würde man befürchten, der Nachbar könnte einen sonst mit seinem neuen Gefährt sein Territorium streitig machen. 
Aber auch der Neid auf Dinge, die man nie erreichen wird, ist weitgehend sinnlos. Wie etwa auf ein Gesangstalent in der Nachbarschaft, wenn man selbst weitgehend unmusikalisch ist. 
Vielleicht sollte man sich klarmachen, daß man eben nicht mehr in Höhlen wohnt und um Feuer herum vor Kälte zittert.

Zudem hätte sich der Nachbar vielleicht gar kein neues Auto gekauft, wenn er nicht darauf hätte hoffen können, damit Neid zu erregen.
Vielleicht ist es an der Zeit, die Zeichen der Zeit zu erkennen und seinen Neid abzulegen. 

Vielleicht aber sitzen wir alle noch geistig in der Steinzeit.
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